Oliver Mayer-Rüth, was macht ein Auslandskorrespondent?
Shownotes
Bombenattentate, festgehaltene Kollegen, autoritäre Herrscher, schwelende Konflikte: Oliver Mayer-Rüth hat als Korrespondent in Ländern gelebt, die als kompliziert gelten.
„Mein Herz ist schon immer noch da. Und nicht nur mein Herz, auch das meiner Frau und meiner Kinder“, sagt Oliver Mayer-Rüth über seine Zeit als ARD-Korrespondent in Istanbul. Sieben Jahre lebte er dort, fünf weitere in Tel Aviv. Mittlerweile ist er zurück in Erlangen – als Filmemacher, Buchautor, Podcast-Host und Nahost-Experte beim Bayerischen Rundfunk.
Sein Einstieg in Istanbul 2016 war alles andere als ruhig: Wenige Tage nach seiner Ankunft gab es ein Attentat mit zwölf Toten. „Das war schon ein bisschen überwältigend. Wir waren im Studio und dann hat es gekracht,“ erinnert sich der Erlanger im Interview "Fränkischer Talk".
„Meine Kollegen meinten: 'Ach, das war wahrscheinlich eine Gasleitung irgendwo'. Und kurz drauf kamen die Meldungen, dass es diesen Bombenanschlag gab.“ Obwohl er sich noch nicht auskannte, musste er berichten. Wie das funktioniert? „Du beschreibst dann einfach, was du siehst.“
Die Arbeit als Auslandskorrespondent bedeutete für ihn oft, sich in brenzlige Situationen zu begeben – und dabei auch die eigene Familie im Blick zu behalten. Als die beiden deutsch-türkischen Journalisten Dennis Yücel und Meşale Tolu in der Türkei festgehalten wurden, fragte ihn sein Sohn, wann er denn abgeholt werde. „Wenn man dann außen rum sieht, dass der eine oder andere festgenommen wird, stellt man sich die Frage, die mir mein Sohn gestellt hat, natürlich auch ständig selbst.“
Noch mehr Grund zur Sorge lieferte ein Zeitungsartikel. „Da gab es dann Bilder von zwei Personen, die dort als Terroristen eingestuft waren und daneben stand auf Türkisch, ich würde denen zuarbeiten mit meiner Berichterstattung“, erzählt Mayer-Rüth. „Es war eine merkwürdige Situation, mit der ich auch nicht so richtig umzugehen wusste. Es kann ja immer mal sein, dass auf der Straße jemand meint, er müsste jetzt die Türkei retten oder den Erdoğan verteidigen. Der mich erkennt und mich oder meine Familie auch angreift. Und das war schon ein merkwürdiges, mulmiges Gefühl in der Zeit.“
Trotz aller Gefahren blieb Mayer-Rüth seiner journalistischen Haltung treu: „Ich wollte nie nur bestätigen, was die Menschen sowieso schon denken: 'Der Erdoğan ist blöd, der Netanjahu ist blöd' – was hilft das? Da hat man nichts gelernt.“ Stattdessen versucht er, komplexe Zusammenhänge zu erklären. Ein Streben, dem er auch zurück in Deutschland nachgeht; wie in seiner jüngsten Arbeit, dem ARD-Film „Die Netanjahus – Eine Familie im Krieg“.
Seit September 2024 veröffentlicht Mayer-Rüth zusammen mit Ahmad Mansour den Podcast "Kaffee, extra schwarz“. Mansour ist palästinensischstämmiger Israeli, Psychologe, Extremismusforscher und kämpft seit Jahren gegen Islamismus und islamischen Antisemitismus.
Im Podcast geht es um klare Meinungen und differenzierte Diskussionen. „Wir brauchen vor allem Meinungsvielfalt. Wir brauchen eine Pluralität der Meinung“, sagt Mayer-Rüth. Dabei ist ihm bewusst, dass Haltung im Journalismus nicht immer einfach ist.
Für mehr differenzierte Meinung arbeitet er derzeit von Erlangen aus. Dort lebt Mayer-Rüth mit seiner Familie wieder in seiner fränkischen Heimat. „Erlangen ist die sicherste Stadt Deutschlands – und die Lebensqualität ist hoch“, sagt er. Doch die Abenteuerlust bleibt: „Der Nahe Osten interessiert mich schon sehr. Aber ich bin da offen – es gibt viele Länder und Kulturen, über die berichtet werden muss.“
Zur Doku über Ahmad Mansour geht es hier.
Zum Podcast "Kaffee, extra schwarz" bitte hier entlang.
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