Josia Topf, wie schwimmt man ohne Arme?

Shownotes

Er ist einer der erfolgreichsten Schwimmer der Welt: Josia Tim Alexander Topf.

Fünf Weltrekorde allein im Jahr 2023. Gold, Silber und Bronze bei den Sommerspielen in Paris 2024.

Als er zur Welt kam, hätte sich das niemand träumen lassen. Seine Eltern, Wiebke, Tanzlehrerin, und Hans-Georg, Facharzt auf der Intensivstation für Neugeborene, sahen sich in der Schwangerschaft mit einer Diagnose konfrontiert, die ihnen zunächst den Boden unter den Füßen wegzog: Ihr Sohn würde mit schweren Behinderungen zur Welt kommen.

Josia Topf leidet unter dem so genannten TAR-Syndrom: Er hat stark verkürzte Arme, die Hände sitzen an den Schultern. Seine Beine sind unterschiedlich lang und steif, Knie hat er nicht.

Es gibt keine bekannte Ursache für das Syndrom, das sich bei allen Betroffenen anders zeigt. Die Art, wie sich sein Körper im Mutterleib entwickelt hat, ist eine Laune der Natur.

Als Josia sechs Jahre alt war, entschied sein Vater im Urlaub, dass es an der Zeit ist, dass Josia das Schwimmen lernt – aus dem gleichen Grund, der bei jedem Kind gilt: Er sollte nicht ertrinken, falls er mal ins Wasser fallen sollte.

Sehr schnell merkte Josia, wie gern er im Wasser ist. Er konnte alles tun, was er an Land nicht konnte: sich in alle Richtungen bewegen, Purzelbäume schlagen. Schwimmen ist der Sport, in dem er schnell und stark sein kann.

Der Rest ist Geschichte: Josia begann 2012 bei der SSG81 Erlangen bei Chris Thiel zu trainieren, 2014 folgten die ersten Wettkämpfe und die Entscheidung, den Sport sehr ernst zu nehmen.

Nach der erstmaligen Paralympics-Teilnahme 2021 in Tokio, damals noch ohne Titel, folgten 2024 die Sommerspiele in Paris. Josia Topf schaffte das Triple: Er kam mit allen drei Edelmetallen zurück. Vor allem der erste Platz über 150 Meter Bahnen war ein Krimi, eine Aufholjagd vom dritten Rang zum Sieg.

In dieser Folge des "Fränkischen Talks" erzählt er von den Paralympischen Spielen, von der Vorbereitung und dem Gefühl auf dem Startblock und im Wasser.

Zwischen den Spielen in Tokio 2021 und denen in Paris 2024 hat sich Josia verändert. Er hat sein Training umgestellt, mit seiner Physiotherapeutin gearbeitet. Vor allem aber ist seine mentale Einstellung eine andere. Er sei nicht mehr nervös, sondern fokussiert und ruhiger. "Wir haben uns die Medaille gewünscht. Aber wir brauchten sie nicht", sagt er nachdenklich.

Er erklärt, warum die Paralympischen Spiele ihre eigenen Gesetze haben. Und er beschreibt, welche Probleme er als Mensch mit Einschränkungen im Profisport hat.

Er spricht über die schmerzhaften und demütigenden Untersuchungen bei der Klassifizierung, in denen Menschen ihm unterstellen, er sei weniger stark behindert als er vorgebe. Und er erzählt von den Schwierigkeiten, dass er mit dem Kopf am Beckenrand anschlägt, aber keinen Schutz in der Badekappe tragen darf.

Er macht deutlich, wie wichtig für den Erfolg im Para-Sport auch das Geld ist. Förderung gibt es gerade für den Nachwuchs kaum. "Wenn man mit dem Profisport beginnen will, muss man ab Tag eins Geld in die Hand nehmen." Wenn es um seinen Alltag geht, gebe es vieles, was sich beim Thema Barrierefreiheit, Selbstbestimmung und Unterstützung noch verbessern könne. Doch die Welt müsse sich nicht komplett für Menschen mit Einschränkungen ausrichten. "Man muss kompromissbereit sein. Das fehlt mir teilweise auch bei den Behinderten", sagt der 23-Jährige.

Diese Kompromisse haben jedoch auch Grenzen. So ärgert sich Josia Topf sehr über Menschen, die ihr Auto ohne Berechtigung auf Behindertenparkplätzen abstellen. "Der Behindertenparkplatz ist kein Privileg, sondern eine Notwendigkeit."

Seine Generation von Behinderten will tolle Autos fahren und am Berufsleben teilnehmen. Beide Gesellschaften, behindert- und nichtbehindert, miteinander zu vereinen – das ist eine Aufgabe, die sich Josia auf die Fahnen geschrieben hat.

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