Till Mayer, wie fotografiert man im Krieg?
Shownotes
Schon als Kind hat er Fotos aus den Weltkriegen betrachtet, auch die grauenhaftesten Fotos der Menschheitsgeschichte: die Bilder aus dem Konzentrationslager Auschwitz. Er wusste sehr früh, dass er den Krieg mit eigenen Augen sehen wollte. Dass er dokumentieren wollte, was in der Welt geschieht.
Und so schloss er sich mit nur 21 Jahren einem Hilfskonvoi nach Bosnien an. Mit der dort entstandenen Reportage samt Fotos bewarb sich der damalige Jung-Journalist beim Roten Kreuz, um über dessen Arbeit in Kriegs- und Krisengebieten zu berichten. Er flog nach Ruanda, das erste von zahlreichen afrikanischen Ländern, die er besuchte.
Seitdem hat er nicht aufgehört, in Kriegs- und Krisengebieten auf der ganzen Welt zu fotografieren und darüber zu schreiben. Er geht vor allem in die Regionen, wo die Krisen und Kriege in Vergessenheit zu geraten drohen. Im Lauf der Jahrzehnte fotografierte er unter anderem im Afghanistan, in Iran und Irak, im Kosovo, in Gaza und zahlreichen anderen Ländern.
Der Mensch soll in seinen Bildern die Würde behalten, sagt Mayer. Man soll von ihrer Stärke lernen können. Seine persönliche Grenze hat er unter anderem im Jahr 2000 erreicht. Bei einer Reise nach Äthiopien war es ihm nicht möglich, die verhungernden Menschen mit Würde oder Stärke zu portraitieren.
Vor seiner Linse gab es nur noch Elend.
Danach brauchte er ein Jahr Pause, bevor er wieder in Krisenregionen auf Reisen gehen konnte. Er konzentrierte sich weder auf vergessene Kriege – allerdings viel weiter weg als in Europa.
Nachdem ihn ukrainische Freunde 2016 gefragt hatten, warum er nicht über den Krieg in ihrem Land berichte, begann er, die Entwicklungen im Donbas langfristig zu begleiten.
Seit dem Beginn des Angriffskriegs ist die Dokumentation in der Ukraine sein Schwerpunkt.
Mittlerweile verbringt er zwei Wochen pro Monat dort. "In der Ukraine geht es nicht nur um den Krieg, den ich da festhalte, sondern auch um meine persönliche Freiheit", sagt Mayer. "Ich bin der festen Überzeugung: Wenn die Ukraine fällt, dann ist unser demokratisches liberales Europa, die Europäische Union, sehr stark gefährdet. Und das ist sie auch jetzt schon."
In diesem Podcast gibt er seine persönliche Einschätzung, was der Konflikt für Deutschland und Europa bedeutet. Und er malt düstere Szenarien an die Wand: Er hält es für völlig realistisch, dass Putin irgendwann auch Bomben auf Nürnberg werfen würde, wenn kein Schutzschild vorhanden ist.
Till Mayer erläutert, wie er für seine Reportagen so nah an Menschen herankommt. Er erinnert sich daran, wie er eine Mutter interviewte, deren Sohn erst Stunden zuvor gestorben war. "Das war für die Frau ein immenser Kraftakt." Dass diese Menschen mit ihm sprechen, gerade in solchen Situationen, sei ein großes Geschenk. Er erzählt, wovor er Angst hat. Er schildert, wie sich das Land immer mehr verändert, wie Straßen, Zugstrecken, Bahnhöfe, Supermärkte, Restaurants – ganze Städte mittlerweile nur noch aus Trümmern bestehen. Und er gibt Einblicke, wie seine außergewöhnliche Arbeit organisiert ist.
Übrigens: Der Fotograf im Raum, auf den sich Till Mayer im Gespräch bezieht, ist unser Producer Matthias Hoch, der ebenfalls Fotograf ist und selbst schon in Krisengebieten fotografiert hat.
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